Die Frage ist aus meinem derzeitigem subjektiven Gefühl geboren, dass ich irgendwie nie „Zeit“ habe. Das ich mich im Alltag eingeklemmt fühle, dass ich die Woche über eigentlich nur Sachen mache zu denen ich mich gedrängt fühle. Am Wochenende verbringe ich dann meist eine gute Zeit und erhole mich :-). In letzter Zeit hat das zudem sehr oft mit Nina geklappt (Danke dafür!). Doch das, was ich mal „kreativ“ nebenbei gemacht habe findet heute kaum mehr Raum – um nicht zu sagen gar nicht mehr. Jedenfalls subjektiv. Weil es Zeit braucht. Ich meine damit nicht etwas zu machen, weil man es braucht sondern, weil man Lust dazu hat. Weil es vielleicht gerade unproduktiv aber auf irgendeine Weise interessant oder faszinierend ist. Also was lässt das „Arbeitsleben“ davon übrig? In der Woche?
Die Grenze zwischen „leben“ und „überleben“ ist für mich fließend und einiges ist nicht ganz eindeutig zu zuordnen. „Erleben“ kann ebenfalls beides sein. Sachen wie Essen, Schlafen, Putzen, Körperpflege, von-A-nach-B-Fahren oder Einkaufen sind solche Fälle. Beim „Leben“ stresst sich nicht, „erlebt“ das Ganze und kann sich dabei evtl. auch ausdrücken. Vor allem beim Essen habe ich unlängst (wieder) gelernt, wie man das entspannt machen kann – dann ist schon mehr als Nahrungsaufnahme. Der Haken ist: Im Alltag alles nicht durchführbar. Warum? Weil man es einfach nicht schafft. Also entweder unrasiert zur Arbeit geht oder hungrig oder unausgeschlafen. Oder man kauft doch nicht dort, wo man eigentlich will. Weil z.B. der Tee besser ist aber eine halbe Stunde mehr Fahrtzeit ein zu rechnen wäre, die man vielleicht aber braucht um später zu telefonieren. Weil sonst andere Menschen – verständlicherweise – enttäuscht sind, dass man sich nicht kümmert.
Wenn die Arbeit Spaß macht so kann ich das durchaus noch als einen Zustand beschreiben, der etwas mit „leben“ zu tun hat. In dem Fall, dass man wenig zufrieden ist mit der Art, des Anspruchs, der Umgebung oder der Dauer seiner Arbeit ist es aber doch eher ein „überleben“. Ich denke, das ist ein so schrecklicher Zustand, dass ich es erstaunlich (eigentlich eher erschreckend) finde wie viele Menschen sich darin befinden. Die Gesichter in den Berufspendler-Bahnen und -Bussen sprechen alle diese Sprache. Wie selten toll ist es, dass man mal jemanden lachen sieht? :-)
Was ist also „das Leben“? Viel besungen, verhassliebt und auf dieser Welt. Wollen wir alle das Gleiche? Ich denke nicht. Zumindest nicht im Inhalt. Für mich ist „leben“ glaube ich eine bestimmte innere Ruhe. Damit meine ich nicht Stille, sondern eine Reibungslosigkeit zwischen Wünschen, Erwartungen, eigenen Ansprüchen und dem was man lebt. Oder leben muss – zumindest zeitweise. Dazu gehören dann wieder Sachen, die ich oben schon beschrieb. Aber zusätzlich noch anderes, was das Leben zu dem macht, was ich „lebenswert“ nennen würde. „Ausleben“ ist für mich, denke ich, „nur“ noch eine Steigerung von „leben“, gleichwertig mit „erleben“ und kann durchaus etwas „Neues“ (bisher nicht „gelebtes“) enthalten. Es bedeutet manchmal Veränderung, etwas Unkonventionelles, eine liebevoll komische Eigenart, selten etwas, was nicht „normal“ ist.
Wäre ich eine in sich ruhende Person würde ich mich gerne und viel „kreativ“, also irgendetwas schaffend, betätigen. Eine die sich austauschen und verschiedene Einstellungen verstehen möchte, die Wärme spüren und geben will, die Lachen mag und nicht alles zu Ernst nimmt, die ankommt ohne stehen zu bleiben, die neugierig und offen bleibt. Die sie sich mit dem identifiziert, was sie täglich tut, das möglichst gut macht und sich am Ergebnis misst. Die eine Perspektive sieht. Der es möglich ist beides, die umgebende Gesellschaft und sich selbst in eine Art „Balance“ zu bringen, in der sich „Ruhe“ einstellt – und Wärme nicht durch Reibung erzeugt wird!
„Ruhe“ wird oft in Resignation gefunden Resignation (von fast allen Menschen praktiziert und dabei manchmal als „Pragmatismus“ versteckt). Oder in Akzeptanz und Assimilation. Oder gar nicht.
Verschiedene Blickwinkel erlauben auch verschiedene Bewertungen von Situationen und so sowohl das „Überleben“ als auch das „Leben“ in ihnen.
Und Freitagnachmittag ist ein ziemlich guter Blickwinkel. Mit Perspektive :-)