Erst war es mit Arcor nur ein Betreiber, dem die Kirchberg Logistik GmbH auf den Fuß trat. Es ging um ein Pornoseite, die keine „wirksame“ Alterskontrolle vornahm, um junge Mitmenschen vor dem zu schützen, was Geschäftsreisende auf dem Hotelzimmer als Erstes freischalten. Das Problem dabei ist, dass die Seiten gar nicht auf einem deutschen Server liegen. Eigentlich sind die Betreiber der Netzwerk-Infrastruktur vor Ansprüchen rechtlich geschützt, da sie nur begrenzte Kontrolle haben, welche Wege die Datenpakete im Internet nehmen. Dies unterliegt einer gewissen „Selbstorganisation“ um immer den schnellsten (wenn auch nicht geographisch kürzesten) Weg zu ermöglichen – egal von wo zu wo. Die Firma wittert also Wettbewerbsnachteile der eigenen Pornographie-Angebote, die sich an deutsches Recht halten müssen. Man will die Provider nun per Gerichtsbeschluss zwingen, das Angebot zu sperren.
Es würde zwar niemand auf die Idee kommen, bspw. den Niederländern den Cannabis-Verkauf an Deutsche auf Reisen verbieten zu wollen, weil dies hier Verboten ist… Das Fehlen der Logik scheint jedoch nicht so schwerwiegend zu sein, als dass man nicht noch vor dem Gerichtsentschluss versuchen müsste, bei weiteren Anbietern wie Tele2 oder EWE Tel die Selbstzensur zur Realität werden zu lassen. Anlässlich dessen, möchte ich noch mal auf einen guten Beitrag im heise.de-Forum hinweisen.
Hier heißt es unter anderem:
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Wer hier triumphierend ruft „Naja die paar Schmuddelseiten können ja ruhig gesperrt werden, mir doch egal“ erkennt eindeutig nicht den Ernst der Lage:Schon jetzt läuft das Internet als Mittel zur Meinungsbildung allmählich den traditionellen Medien den Rang ab. In ein paar Jahren wird das noch stärker der Fall sein. Die Zeitungen bauen ihre Internetpräsenzen massiv aus, und IPTV ist momentan zwar wenig mehr als ein Stich- / Buzzword/t, aber dieser Zustand dürfte nicht von Dauer sein. Die Vielfalt der Medien wird so langfristig in einen einzigen Kanal gezwängt: das Internet.
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Medienkontrolle bedeutet Besitz der Meinungs- und Deutungshoheit. Was man jetzt bei den Printmedien und ihren Online-Ablegern beklagt – z.B. SPON – dass sie vom Sturmgeschütz der Demokratie zur Propagandaschleuder der Mächtigen degeneriert sind, wird dann auch umfassend im Internet möglich. Indymedia? Gefiltert (terroristische Propaganda). Blogbar? Gefiltert (schädlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland). Nachdenkseiten? Weg damit (linksradikal). Bildblog? Verschwunden (auf Initiative der Merkelfreundinnen Liz Mohn und Friede Springer). Lobbycontrol? Nicht erreichbar (Hasspredigen gegen Unternehmen). Etc.pp.,usw.usf. (Nicht dass diese Seiten alle über jede Kritik erhaben wären, aber sie, und zig andere, stellen eine mögliche Alternative zu den Mainstreammedien dar).
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Man denkt schnell, dass es sich bei den momentanen Debatten um Nebenkriegsschauplätze handelt, aber das ist m.E. grundfalsch. Es ist das Hauptgefecht, in viele kleine Stücke aufgeteilt: Hier ausländische Pornowebseiten, dort das Markenrecht, Urheberrecht selbstredend, woanders Bombenbauanleitungen, da drüben „terroristische Propaganda“ (und spätestens hier befindet man sich in einem Graubereich, wie bei der „Antiterrordatei“ und dem dort verwendeten Kriterium „Hasspredigen“), Online-Durchsuchungen und so weiter und so fort. Man operiert dabei politikerseits auch gerne mit der Overkill-Taktik, erst das Extremste zu fordern, und sich dann auf das zu einigen, was auch ursprünglich das Ziel war. Nur hat bei einem solchen Ablauf der Bürger den Eindruck, nochmal davongekommen zu sein, oder, noch besser, dass die Gerechtigkeit/Vernunft/blabla gesiegt habe. (Eine vertrauensbildende Maßnahme für die, die so gutgläubig, oder dumm, sind, Menschen beim Wort zu nehmen, die sich u.a. beschweren, dass mal schüchtern von Wählerseite das Einhalten ihrer Wahlversprechen angemahnt wurde.)
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Das Internet als Ideal, in seiner quasi basisdemokratischen Struktur (jeder kann einstellen, jeder kann abrufen, mal von Netzknoten, DNS-Servern etc. abgesehen) kann Machthabern nur suspekt sein. Dermündige Bürger ist ein Buzzword, das ebenso wie „Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ einer massiven Neuinterpretation unterzogen wurde und wird – unter anderem, weil dies mittels der gleichgeschalteten Medien bereits möglich ist. Alle derartigen positiv besetzten Wörter werden aktuell über wirtschaftliche Aspekte definiert, nicht über Ratio oder gar Libertas im ursprünglichen Sinn (s. z.B. „neue soziale Gerechtigkeit“, „Reform“, „Freiheit“, „Eigenverantwortung“…).
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Viele wahre Worte.
Und demnächst wird in Hamburg mit einem elektronischen Wahlsystem gewählt, was schon vor dem ersten Einsatz geknackt wurde. Die EU sammelt zur „Verbesserung“ unserer Sicherheit auch alle Flugdaten. Für 13 Jahre. Zu unserer Sicherheit natürlich.